„Wir müssen nachhaltigen Konsum mit positiven Erlebnissen verknüpfen.“
23.06.2021 | Sustainability
Mit der Initiative „Die Klimawette“ wollen Anna Katharina Meyer und ihr Team eine Million Menschen für den Klimaschutz mobilisieren. Riese & Müller unterstützt das Projekt mit einem unternehmensweiten 100-tägigen Kilometersammeln auf dem Bike. Die Hintergründe zur „Klimawette“ hat Anna uns im Interview verraten – außerdem gibt sie uns drei Hacks für mehr Nachhaltigkeit im Alltag mit auf den Weg.
Anna, die nächste Weltklimakonferenz startet am 1. November 2021 in Glasgow. Was wollt ihr vom „Klimawette“-Team bis dahin erreicht haben?
Die Weltklimakonferenz in Glasgow ist unsere letzte Chance die Klimakrise über das 1,5 Grad-Ziel einzudämmen, auf das sich knapp 190 Vertragsparteien im Abkommen des Pariser Klimagipfels 2015 verständigt haben. Wir wollen zeigen, dass dieser Termin uns alle angeht. Und wir wollen der Politik zeigen: Die Menschen wollen effektiven Klimaschutz. Dafür ist auch jeder einzelne bereit etwas zu tun – ganz konkret. Wenn alle, denen Klimaschutz am Herzen liegt, ihre Stimme erheben und nicht untätig sind, dann wird sich in Glasgow etwas bewegen.
Und wie wurde aus dieser Idee die „Klimawette“?
Geistiger Vater ist Michael Bilharz vom Umweltbundesamt, der heute mit dem Load 75 für die „Klimawette“ zur Sommertour durch Deutschland aufbricht. Über unseren Blog standen Santa und ich bereits mit ihm in Kontakt. Er kam auf uns zu und gemeinsam entwickelten wir das Ganze zu einer breiten, leidenschaftlichen, digitalen und realen Aktion.
Santa und ich waren von dieser sehr konkreten Idee so begeistert, dass wir uns entschlossen haben, uns voll der „Klimawette“ zu widmen und unseren Blog für ein Jahr hintanzustellen.
Im ersten Schritt mussten wir natürlich Verbündete suchen, denn wir wollten Geld in die Hand nehmen, um das Projekt groß aufzusetzen. Unsere Wettpat*innen haben uns finanziell ein Startkapital ermöglicht. Für solche Leute sind wir total dankbar. Denn nur so konnten wir unsere Ideen auf die Straße bringen.
Das Ziel ist, 1.000.000 Teilnehmer*innen zu erreichen, die eben nicht nur irgendwo unterschreiben, sondern bereit sind, real mindestens eine Tonne CO2 einzusparen - durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten oder durch konkrete Maßnahmen in ihrem Alltag.
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Im Zeitraum der Sommertour der „Klimawette“ sammelt das Riese & Müller-Team seine Fahrradkilometer. Je mehr Kilometer zusammenkommen, desto höher wird der Spendenbetrag für die „Klimawette“. Das sendet ein starkes Signal an die Politik, dass wir gemeinsam viel für den Klimaschutz erreichen können.
Setze jetzt ein Zeichen für den Klimaschutz – und unterstütze selbst die „Klimawette“!
Du fährst selbst seit 2019 ein Packster 40. Woran denkst du als erstes, wenn du an dein Bike denkst?
Das Packster passt total gut zu meinem Blog. Dort geht es ja gerade darum, dass sich nachhaltiger Konsum nicht wie knallharter Verzicht anfühlen muss. Ich hätte mit dem Geld für die Anschaffung auch eine Fernreise für die ganze Familie buchen können, wäre auch eine Art Luxus gewesen. So ist das Lastenrad mein Luxus – aber eben ein Luxus, der zu einem langfristigen nachhaltigen Alltagsverhalten beiträgt.
Und ich denke an tägliche Ausflüge. Durch das Cargo-Bike empfinde ich meine Pflichten und Erledigungen nicht mehr als so nervig – alles wird zur Fahrradtour. Man ist nicht mehr nur Elterntaxi und Alltagswege bekommen eine neue Qualität, fernab von Parkplatzsuche und Wendehammer.
Apropos Eltern sein – würdest du sagen, dass deine Rolle als Mutter deine Sicht auf Nachhaltigkeit verändert hat?
Ich bin ja beruflich schon lange tief im Thema. Es war bei mir nicht so, wie zum Beispiel bei „Going Green“-Autorin Janine Steeger, die den Beginn ihres Engagements für Nachhaltigkeit auf den Moment zurückführt, als sie hochschwanger die Bilder der Fukushima-Katastrophe im Fernsehen sah.
Aber das Leben verändert sich mit zwei Kindern auf jeden Fall. Es ist zum Beispiel immer gut, wenn Kinder sich draußen bewegen können oder man sich mit ihnen draußen bewegt. Ich bin ein ausgesprochenes Computerkind und habe dadurch neue Seiten an mir kennen gelernt.
Ich glaube, meine Perspektive hat sich mit der Zeit etwas verändert: Ich fokussiere keinen Missstand, um diesen zu verbessern, sondern frage mich, wie wir etwas ganz Neues, Gutes schaffen können.
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- Wenn du keine Lust drauf hast, mach einfach ein Microadventure draus.
Mein Mann holt sich einen Kick bei Extremhindernisläufen. Wenn ich bei strömendem Regen Fahrrad fahre, ist das mein Extremsport im Kleinen. Wind und Wetter geben mir den Alltagskick. Kein Problem mit der richtigen Kleidung. Und die Kinder lieben es!
- Verbinde deinen Spaß mit nachhaltigem Konsum.
Protestbewegungen wie Fridays for Future sind extrem wichtig. Aber protestieren macht ja keinen Spaß. Deshalb könnte der Eindruck entstehen, dass Klimaschutz gleich Protest und Verzicht ist. Nein, man sollte positive Erlebnisse mit nachhaltigem Konsum verknüpfen. Mein Beispiel ist das Lastenrad: Für mich war es eine Investition in ein nachhaltiges Alltagsvergnügen und der beste Beweis, dass gezielter Konsum ein Instrument zur Mitgestaltung ist.
- Handle aus Prinzip, aber sei nicht zu streng mit dir.
Wenn man sich dazu zwingt, vegan zu leben, obwohl man eigentlich Fleisch liebt, oder das Fahrrad bei jedem Mistwetter zu nehmen, dann verliert man schnell die Lust. Ausnahmen können einen motivierenden Effekt haben. Etwas prinzipiell zu tun, ist sehr positiv für die Gesellschaft. Denn so kann ich in, sagen wir, 80% der Zeit vegan leben und Fahrrad fahren, weil es grundsätzlich meinen Werten entspricht. Und genau damit haben wir einen großen Hebel.
- Wenn du keine Lust drauf hast, mach einfach ein Microadventure draus.
Über Anna Katharina Meyer
Als Politologin hat sie früh gelernt, sich in das Zusammenleben und in die Zusammenhänge der Welt hineinzudenken. Nach dem Studium arbeitete sie im Auftrag der Bundesregierung fünf Jahre lang in Asien und Afrika im Bereich Emissionsminderung. Mit einem MBA Erneuerbare Energien begleitete die Nachhaltigkeitsexpertin zurück in Deutschland die nordrhein-westfälische Energiewende.
Um die Entscheidungsprozesse der Konzerne in der Energiewirtschaft besser zu verstehen, strebt Anna aktuell die Promotion zum Thema Nachhaltigkeitssteuerung in etablierten Unternehmen an. Auch darüber hinaus befasst sie sich im Team der unitedsustainability.world mit den großen Zukunftsthemen Sustainability Accounting, Sustainable Finance und Ecosystem Restauration.
Gemeinsam mit Santa Meyer-Nandi und einem Team kreativer Köpfe schreibt sie den Nachhaltigkeits-Blog findingsustainia.org.